Das „Trump-Dilemma“ oder warum Sie junge Führungskräfte nicht im Regen stehen lassen sollten

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Sehen Sie es doch einmal so: Da erhält eine aufstrebende Führungskraft eine neue Position mit großer Verantwortung. Hohe Erwartungen werden an diese Aufgabe geknüpft. Und was macht der Mann daraus? Er überspielt die eigene Unsicherheit mit Aktionismus, ignoriert offensichtliche Know-how-Defizite, spielt den starken Mann und brüskiert wichtige Stakeholder mit unbedachten Handlungen. Ich nenne es das „Trump-Dilemma“.

Plötzlich Führungskraft

Erinnern Sie sich an Ihre eigenen, ersten Schritte als frisch gebackene Führungskraft? Als ich nach sechs Berufsjahren in einer großen Unternehmensberatung in den Kreis der Partnerschaft aufgenommen wurde, betrat ich komplettes Neuland: Eben noch eines von vielen geschätzten Teammitgliedern, hatte ich jetzt die Verantwortung für Millionenbudgets, komplexe Projekte und große Teams. Plötzlich war ich es, der die Richtung vorgeben sollte. Wenn niemand mehr weiter wusste, schaute man mich an. Bei schlechter Leistung eines meiner Teammitglieder musste ich dafür gerade stehen. Ich war von heute auf morgen kein Angestellter mehr, sondern Unternehmer. Das Wasser, in das ich, zugegebenermaßen gerne, geworfen wurde, war nicht nur kalt, sondern eiskalt. Ganz schön große Schuhe.

Fehler gehören dazu

Natürlich habe ich Fehler gemacht: Angebote verloren, weil ich grundlegende Dinge ignoriert hatte. Mitarbeiter verprellt, weil sie sich ungerecht behandelt fühlten. Mein Privatleben vernachlässigt, weil ich meine Arbeit nicht gut organisiert hatte. Und so weiter. Der GAU, das Trump-Dilemma, blieb jedoch glücklicherweise aus. Denn absolut allein und auf mich gestellt war ich tatsächlich nie. Ich hatte hervorragende Mentoren und Vorbilder, an denen ich mich orientieren und die ich jederzeit um Rat fragen konnte.

Entweder Trump Dilemma – oder das Gegenteil

Manche der jungen Führungskräfte, die ich berate, erleben das in ihren Unternehmen anders. Sie fühlen sich alleingelassen, haben keine vertraulichen Ansprechpartner und kommen mit der Transformation vom beliebten Teammitglied zum „Vor-Gesetzten“ nicht klar. Das führt ab und an in Richtung Trump-Dilemma, bei anderen schlägt es eher in das Gegenteil um: Mangelnder Fokus auf die neue Aufgabe, fehlende Entscheidungsfähigkeit, Unsicherheit im Team, das Gefühl ständiger Überforderung und das Hüpfen von Pfütze zu Pfütze, statt erst einmal den Wasserhahn abzustellen.

Schon einfachste Hinweise und Tipps, die jeder erfahrene Manager seit Jahren beherzigt, sind für den Führungsnachwuchs oft eine wertvolle Offenbarung. Nur schade, wenn niemand da ist, der diese Erfahrungen weitergibt. Besonders oft beobachte ich dieses Phänomen in stark hierarchisch geprägten Organisationen und dort, wo Ellbogenmentalität das gesunde, partnerschaftliche Miteinander innerhalb der Führungsteams verdrängt hat. Quereinsteiger, die noch nicht die Gelegenheit hatten, ein gutes Netzwerk im Unternehmen aufzubauen, haben es da besonders schwer.

Mentor ist nicht gleich Mentor

Mal ehrlich: Wenn es um eigene Kompetenzdefizite geht, fragen Sie wohl eher nicht den Vorgesetzten, der Performance und Gehalt beurteilt, oder? Die erfahrene Person, die bei einem Teamkonflikt gute Ratschläge geben kann, ist eben nicht zwangsläufig der beste Ansprechpartner, wenn Sie über Ihr mangelndes Verkaufstalent sprechen wollen. Ein gutes Betreuungssystem für junge Führungskräfte verläuft daher immer drei- oder mehrgleisig:

Zum Ersten: der klassische Mentor

Der klassische Mentor ist der väterliche oder mütterliche Ratgeber aus dem gleichen Arbeitsumfeld: Eine in der Regel hierarchisch übergeordnete, erfahrene Person, die in regelmäßigen Gesprächen eigene Erfahrungen weitergibt, Entwicklungsbedarf bespricht und für die berechtigten Interessen der jungen Führungskraft eintritt.

Zum Zweiten: Die Peergroup

Zur Peergroup gehören Führungskräfte der gleichen Karrierestufe mit ähnlichen Aufgaben aus unterschiedlichen Fachgebieten. Das ist für junge Führungskräfte der risikofreie Raum: Hier werden eigene Erfahrungen ausgetauscht und die Vorgehensweise in besonderen Situationen besprochen. Wie führe ich ein schwieriges Mitarbeitergespräch, wie gehe ich mit einem Kundenkonflikt um, welche Ideen haben andere für meine Problem? Die Teilnehmer sind oft sehr erleichtert, zu sehen, dass es allen ähnlich geht. Moderiert werden die Treffen der Peergroup von einem externen Coach, je nach Thema kommt ein Vertreter des oberen Managements hinzu. Positiver Nebeneffekt: Die Teilnehmer werden miteinander vernetzt und bilden eine starke Community.

Zum Dritten: Der externe Coach

Der externe Coach genießt gegenüber allen unternehmensinternen Ansprechpartnern zwei entscheidende Vorteile: 100%ige Vertraulichkeit und einschlägige Ausbildung. Hier kann alles besprochen werden, ohne dass irgendjemand anderes jemals davon erfährt. Keine Frage ist zu dumm, keine Situation zu peinlich. Ein erfahrener, guter Coach arbeitet hoch individuell, sorgt für Reflexion und bietet Inspiration. Das hat nichts mit Esoterik oder endloser Problemdiskussion zu tun, sondern ist knallhart lösungsorientiert.

Diese Dreigleisigkeit kann beliebig erweitert werden: Ausgewählte Trainingsmodule oder Feedback-Runden an das obere Management beispielsweise sind eine gute Ergänzung.

Mehr Mut

Leadership hat viel mit Eigeninitiative, Neugier und Beharrlichkeit zu tun. Nicht alles, was eine junge Führungskraft gerne hätte, kann vom Arbeitgeber auf dem Silbertablett präsentiert werden. Aber wer seine Interessen gut kennt und eigene Standpunkte entwickelt und vertritt, wird nie auf taube Ohren stoßen. Also, seien Sie mutig!

ÜBER MICH


Als ausgebildeter und zertifizierter Coach arbeite ich seit 2013 mit jungen und erfahrenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen großer und kleiner Unternehmen. Dabei geht es um Berufliches genauso wie um Privates, denn das eine bedingt das andere. Neben individuellen Coachings unterstütze ich die Reorganisation von Projekten, die in Schieflage geraten sind. In IT und Business.

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München

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